RT6 - vom himmelhoch jauchzend bis abgrundtief enttäuschend
Von Appletiser. | 11 November, 2006 - 02:47
Ich nutze RT nun schon ein paar Jahre und habe auch die RT 6 Version für meine Fortbildung (Diplomarbeit) zum Studentenpreis bezogen, was ich alles sehr faires Angebot betrachte, weit dem es die Privat-Version nicht mehr gibt.
Ich mag dieses Programm sehr und ich sehe es auch als einzige wirkliche Alternative für Office-Lösungen und nicht nur als einen Abklatsch damit die Wiedererkennung stimmt. Sprich - die Philosophie und die Aura dieses Programms an sich mag ich einfach.
Meine Motivation, mit diesem Programm zu arbeiten ist sehr hoch - so besitze ich eigentlich alle Bücher die es zu diesem Programm zu kaufen gab und gibt: Thomas Maschke "Business Publishing", Benedikt Quirmbach "RT 5.6" und jetzt auch ganz neu das Buch von Thomas Kaegi und Helmut Rodenhausen.
Also, man kann mir nicht nachsagen, dass ich einfach nur meckern will.
Wie erwähnt möchte ich nun meine Diplomarbeit damit realisieren. Im Grunde genommen, ist so eine Art Arbeit ja eher als Stupide von den Anforderungen an Ragtime selber her anzusehen. Ich meine, ich werde keine großen Scriptings benutzen, um irgendetwas zu automatisieren und es ist auch nicht zu erwarten, dass ich mich für eine professionelle Druckausgabe sonderlich mit Farbseparation oder etc. beschäftigen, bzw. Funktionen nutzen werde.
Bleiben also die rein essenziellen Dinge, die man mit so einen Business-Office-Publishing Programm umsetzen möchte.
Texte schreiben, Grafiken und Bilder platzieren, Berechnungen, Paginierungen, Indexe, Inhaltsverzeichnisse machen und Seiten gestalten.
Bis hier hin alles super, weil RagTime eigentlich alles unter der Haube hat.
Aber wie soll ich sagen, gerade die erste grundlegende Anforderung Texte zu schreiben ist eine harte Nuss in RT.
Dazu eine kurze Reise in meine Vergangenheit bzgl. Software.
Als ich mit RT 3.2 das erste mal Kontakt hatte fand ich es einfach elegant, wie bestimmte Dinge gelöst wurden.
Zwischenzeitlich habe ich neben Pagemaker und Framemaker auch andere mächtige und vor allen Dingen professionelle Programme kennen gelernt und auch damit gearbeitet. In Framemaker habe ich z.B. meine Technikerarbeit erstellt und das Programm intensiv über mehrere Jahre genutzt. Was diesen Programmen jedoch allen fehlte, war die Tabellenkalkulation. Daher hegte ich große Hoffnungen in RT - gerade auch in die Version 6. Ich bin also nicht nur ein verkappter MS Office Nutzer. Ich bilde mir mal jetzt ein, dass ich einen gewissen Horizont besitze.
Warum ich das schreibe, nur damit man sieht, dass ich in der Lage bin mich an bestimmte Herangehensweisen und Philosophien von Programmen sehr wohl zu gewöhnen sowie erlernen kann. Auch besitze ich eben keine Scheu rechts und links über den Tellerrand zu schauen.
Doch zurück zu RT 6.
Bis jetzt muss ich sagen bin ich oft enttäuscht, da ich mehr und mehr das Gefühl bekomme, dass RT 6 noch sehr im Beta-Status steckt und auch andere Standards der Softwareprogrammierung (unabhängig welches Grundsatzkonzept eine Programm verfolgt) immer noch nicht implementiert wurden (Stichwort. Mehrfach-Rückschritt).
Ja, als Fazit möchte ich hier schon sagen, dass sich bei den essenziellen Dingen seit RT 4 oder 5 fast nichts verbessert hat - außer vielleicht dem Foyer und den Grafikeinbettungen (Transparenzen) oder so.
Richtig, werden viele hier bemerken, das mit den Rückschritten konnte Framemaker auch nicht. Gegenargument: die letzte Version ist von 2002 - zu mindestens für den Mac. Wie die aktuelle Version auf Win aussieht weiß ich nicht, habe ich mir nie angeschaut. Wir sind aber nun mindestens vier Jahre weiter und Framemaker ist daher keine Referenz mehr.
Was mir aber viel mehr Kopfzerbrechen bereitet als fehlende Standardfunktionen ist die mangelhaft implementierte Schnittstelle der Textverarbeitung. Die Komponente Text ist definitiv nicht zu gebrauchen. Mangelhaftes WYSIWYG, kein Zoom, fehlerhafte Darstellungen, etc. .
Sicher man kann ja gleich im Layout arbeiten. Frage, warum gibt es die Komponente Text dann überhaupt?
Und warum wird die Komponente Text anders gehandhabt, wie Text direkt in einer Zelle? Aber dazu später mehr.
Das alles ist für mich inkonsistent und macht es schwierig mit beiden Elementen gleichmäßig umzugehen.
Ansprechen möchte ich in dem Zusammenhang auch die Hinweise, dass es immer wieder solche Probleme, wie die nicht in echtzeit dargestellten Zeichen und Formate (Verzögerungen) gibt. Unabhängig von der Komponente Text gibt es weiterhin diverse Problem in den Dialogfenstern mit abkürzten Beschriftungen in den Info-Tafeln - ja, hin und wieder sehne ich mich nach der alten Darstellungen aus RT 5.
Ach ja, sollte man aber dann mal die Komponente Text in einer Zelle platziert haben gibt es da noch die Sache mit dem Scrollen in Rechenblättern. Dieses zickige Gespringe bei großen Zellen und das doch sehr unsensible Rand-Annährungsverhalten beim drag'n von Inhalten wäre auch verbesserungswürdig. Warum muss man immer mit Gewalt an die Zellenober- oder unterkante springen. Einach gleichmäßiges Rollen wie bei einem Browser - das wär's.
Alles in allem sehr buggy.
Ich könnte hier noch einige Beispiele bringen, wo ich mir meiner Meinung nach einfach Verbesserungen oder ein anderes Handling von RT 6 im Bezug auf RT 5 versprochen hätte - aber da muss ich eingestehen, dass mag ja nur an meiner Denke liegen, die halt anders ist, als die von RT 6. Also von daher nicht unbedingt als wirkliche Kritikpunkte aufgezeigt werden können. Fällt mir aber schwer, weil ich RT ja nun schon vorher eigentlich gut kannte und auch aktiv an der Beta-Phase teilgenommen habe und diverse Dinge einfach nicht behoben wurden.
Kurze Beispiele dazu wären das fehlende automatische Erstellen von Aufzählungszeichen und Nummerierungen (per Formatvorlage - ich hasse harte Formatierungen) sowie ein gescheiter Formeleingabe-Editor, der einem einfach helfen würde in komplexeren Formeln die Übersicht zu behalten (es müssen ja nicht unbedingt farbige Klammern sein).
Ich lasse nicht gelten, dass man das ja auch mit einem Anderen Programm machen kann und den Text dann platzieren.
Nicht bei einem Programm, was über 500,- EUR kostet. Da ist eine professionelle Textverarbeitung das mindeste für Business-Publishing.
Das alles ist aber immer noch hinzunehmen - was mich aber letztendlich dazu motivierte, diesen Beitrag zu verfassen, ist der so genannte "Omega-Fehler".
Wie bereits oben erwähnt ist meiner Meinung nach die Rechenblatt-Funktionalität von RT das USP schlechthin.
Gerade die Möglichkeit mit sämtlichen Raffinessen von Absatzformatvorlagen in einer Mehrzeiligen Textzelle zu arbeiten ist Genial. Sie müsste nur Störungsfrei und konstant funktionieren!
Ich habe hier (10.4.8 & RT6 build 1584 auf G4, 733 MHz) massivste Probleme.
Selbst in einem neuen Dokument mit nur einer Rechenblatt-Komponente und einigen wenigen Absatzformaten kommt RT fast immer vollkommen aus dem Tritt. Folgende Konstellation kann man ungefähr beschreiben:
Mehrzeiliger Text in einer Zelle die aus 7 verbunden besteht. Wechselt man innerhalb dieser Zelle das Absatzformat führt das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu folgenden Problemen:
- Übernahme letzter Zeichen aus anderen, fremden Zelle
- Zelle nicht mehr editierbar - keine Umschalten mehr Möglich von mehrzeilig, einzeilig, auto
- Doppelung bis x-fachung des eigentlichen Inhalts bei wieder Auswahl der Zelle
- (Apfel+J = Sonderzeichen darstellen) oft fehlt das "Omega" Zeichen oder es ist doppelt vorhanden
- Text wird beim wieder einklicken in die Zelle komplett ausgeblendet
- Text bleibt in Zelle sichtbar aber das Sichtfenster in der Bearbeitungsleiste wird nichts angezeigt jedoch wird beim Klicken in allen benachbarten, leeren Zellen dort der Inhalt der "geschädigten" Zelle sichtbar!!!
- Beim Versuch die betreffenden Zellen zu reparieren, ersetzen, neu aufzubauen, sind oft Abstürze die Folge.
Gut, habe ich mich also darauf beschränkt mit nur einer Absatzvorlage pro Zelle zu Arbeiten.
Dennoch verschluckt sich RagTime immer wieder und fabriziert nur noch Klumpatsch und man muss diverse nicht logische Zellen-Lösch-Aktionen gepaart mit anderen Aktionen durchführen, damit es plötzlich, ein paar Abstürze später, einfach wieder funktioniert.
Bei Inhalten die verschiedene Formate benötigen muss man dann schon auf die Komponente Text zurück greifen, die aber aus weiter oben erwähnten Gründen einfach zu weiterem Verdruss führt!!!
Hinzu kommt, dass wenn man möchte, dass der Text hinterher auch noch gleich in der Zelle stehen soll, extra Absatzformate definieren darf, damit der Rahmenabstand mit dem mehrzeiligen Text der sich direkt in der Zelle befinden kann deckungsgleich steht. Man ist also in diesem Fall gezwungen doppelte Formatlisten zu führen. Das finde ich sehr unlogisch, ich könnte mir da eine Zellen-Option in den Einstellungen vorstellen wie: „Komponenten wie direkte Zellinhalte gleich behandeln".
Damit könnte man dann RT sagen, dass die Zelleneinstellungen (Rahmenabstände) auch auf platzierte Komponenten angewendet werden sollen. Schon laufen alle Dinge mit dem gleichen Abstand durch eine Rechenblatt. Das wäre einfach, innovativ und logisch.
Das Grundproblem bleibt aber dieser enorme Bug bzgl. des von mir beschriebenen "Omega-Zeichens".
Ich habe nun mehrere Denkweisen mit diesem Problem umzugehen:
a) Es könnte ja ein Problem meiner Arbeitsumgebung (Systems) sein?
Ich habe alle nur erdenklichen Helferlein für Schriften deinstalliert, die für ein Mac-System aber durchaus typisch wären, wie PopChar Pro, Linotype FontExplorer, etc.
Ebenso alle Erweiterungen von Unsanity, wie Application Enhancer, Fruit Menu und andere einschlägig bekannten Utilities.
Das hat aber an dem Verhalten von RT nicht geändert. Auch die Schriften habe ich auch neu installiert und reparieren lassen (diverse Tools). Ich sage mal ich habe somit ein relativ sauberes System, was mögliche, relevante Dinge betrifft bzgl. den Störungen in RT.
b) Mache ich selber irgendetwas in RT falsch?
Daraufhin habe z.B. alle Formatnamen überarbeitet und keine Sonderzeichen oder Umlaute verwendet, keine Leerzeichen, höchsten Binde- oder Unterstriche. Auch hier keine Änderungen beim Fehlverhalten in RT
c) Bin ich eigentlich der Einzige der solche Probleme hat und ihn diese auch so massiv nerven?
Ich weiß aus diversen Forenbeiträgen, dass der so genannte "Omega-Fehler" schon sehr lange, mindestens seit RT 5 bekannt ist. Und ist es seitdem besser geworden? Auch mir ist dieses Verhalten schon in RT 5 aufgefallen, ich meine sogar schon unter Mac OS 9. Leider und das ist es was mich eben am meisten aufregt nicht die geringste Verbesserung festgestellt. Nebenbemerkung auch in den Nightly-Builds passieren diese ominösen Störungen nicht weniger oft.
d) Bei RT ist dieser Fehler einfach unbeachtet nicht bearbeitet worden?
Es tut mir leid - dieses Gefühl schleicht sich bei mir immer mehr hoch. in den ganzen Diskussionen, die es schon vorher zu diesem Fehler gab. Kam nicht einmal ein Hinweis seitens RT selber, dass man da wirklich dran sei. Nur wage Vermutungen es muss etwas sehr komplexes sein. Hilft dem Kunden wirklich sehr viel.
Ich selber habe mittlerweile min. 5 Fehlerberichte, mit Absturzprotokollen, Screenshots und auch den betroffen Dateien an RT geschickt. In den Verbesserungshinweisen der Nightly-Builds kann ich aber nicht den leisesten Hinweis erkennen, dass man sich dieses Problems angenommen hätte. Zu schweigen von den anderen Sachen bzgl. der Textkomponente. Oder habe ich etwas übersehen. Bei Probieren ist es jedenfalls unverändert schlecht.
Als es gestern wieder bei einem relativ kleinen Dokument, welches ich weiter bearbeiten wollt, zu diesen Fehler-Orgien kam ist mir der Geduldsfaden gerissen.
Zu nächst habe ich noch mal alle wichtigen Information erneut an RT geschickt und mich dann entschlossen auch hier ein entsprechenden Beitrag zu posten, um den Druck ein wenig zu erhöhen, endlich dieses Jahre alte Verhalten seitens des Herstellers zu beheben!
Ich bin wirklich ein bisschen wütend.
Klar, ich habe nur die Studentenlizenz erworben und darf mich sicherlich nicht beschweren, aber wenn ich den kompletten Preis bezahlt hätte und ich beruflich auf dieses Programm angewiesen wäre, dann hätte ich sicher schon ganz anders reagiert. Was mir dazu dann auch immer wieder aufgestoßen ist, was ich sonst über die Jahre geflissentlich hinweg gesehen habe, dass sich die Software-Entwicklung schon seit jeher über diverse Anregungen und Wünsche seiner glühenden Kunden (Anhängerschaft) hinweg setzt. Auch hier die Stichpunkte, Mehrfach Rückschritt und Formeleditor. Auch Thomas Kaegi bemerkt hin und wieder in dem ein oder anderen Nebensatz das bestimmte Dinge leider immer noch nicht in die Entwicklung mit eingeflossen sind.
Auch wenn er dankenswerterweise immer auch Alternativen aufzeigen kann.
An dieser Stelle muss ich aber noch auf einen Beitrag vom 18.10.2006 von "macmac" mit dem Titel "Warum noch RagTime".
Sicherlich etwas provokant, aber ansatzweise meine ich hat er genau diese Macken damit angesprochen:
[…]gerade mac legt unheimlich viel neues vor und setzt natürlich programm-schreiber unter druck. zumindest bin ich jetzt mal an dem punkt, dass ich ragtime nicht mehr empfehle.frage: warum überhaupt dieses forum, wenn oft auch andere wünsche diskutiert werden und nie einzug ins programm finden?[…]
Genau das frage ich mich auch! ich kann an dieser Stelle nicht die Begründung stehen lassen, dass es einfach ein andere Philosophie gibt. Ich meine die Fa. RagTime muss doch stolz und froh sein, dass es solch eine Community gibt, die sich auf RT eingeschworen hat und die ein oder andere Unzulänglichkeiten hinnimmt.
ich habe aber durch meine Beobachtungen eben ein bisschen das Gefühl, dass man aus "Trotz" bestimmte Dinge nicht aktiv angeht oder mal gewisse Kundenwünsche annimmt.
Die neue RT6 hätte jedenfalls viel mehr sein können als es jetzt nur ist. Um es mal ganz hart zu sagen - man hat nur an der Oberfläche etwas rum poliert. Keine Wirklichen USP dazu gekommen!
Wäre es nicht schön gewesen, wenn man Schriften WYSIWYG im Pulldown-Menü sehen hätte können oder beim hinzufügen von neuen Absatz oder Schriftformaten, die auf schon vorhanden basieren, den Namen als Vorschlag nach dem drücken auf das Plus-Zeichen im Speichern Dialog mit übernommen hätte?
[Polemik EIN]
Alles Kleinigkeiten, die die Haptik und Nutzbarkeit eines Programmes erheblich verbessert hätten.
Jedenfalls mehr als nur neue Buttons?
Und, ich könnte eine Philosophie noch als richtig und gut einschätzen, wenn sie absolute Stabilität verspricht.
Das tut sie nach meinem Dafürhalten im Moment jedenfalls nicht.
[Polemik AUS]
Ich denke, ich habe es mir mit meinem Kommentar hier nicht leicht gemacht und versucht einigermassen schlüssig zu argumentieren, bzw. zu berichten. Ich entschuldige mich für etwaige Gedankensprünge.
Zum Abschluss noch mal der Hinweis, dass ich nach wie vor an RT hänge, weil es für mich ein urtypisches Mac-Produkt ist.
Allein aus diesem Grund würde ich ungern etwas anderes nehmen. Zu viele andere Dinge sind schon vom Mac verschwunden, weil entweder eingestampft oder kaputt programmiert, weil man auch eine Windoof-Version anbieten wollte (Pagemaker, Freehand, Framemaker, etc.) ich hoffe, dass RT seine Ressourcen entsprechend richtig einsetzt und seinen Leisten treu bleibt.
Ein Urtyp zu sein bedeutet ja noch lange nicht - zu einem Dinosaurier zu verkommen.
Und ich möchte RagTime irgendwann auch noch als UniversalBinary auf Mac OS X Leopard erleben mit all den guten Systemfunktionen die Apple bietet. Damit ich immer noch sagen kann, dass ist halt ein Mac-Programm ohne wenn und aber.
Innovativ, stabil, genial.
Wie sieht da eigentlich der Marktanteil aus - verkauft RT mittlerweile mehr Windows-Versionen oder mehr Mac-Versionen?
Hm, danke für's "zuhören", aber dass musste irgendwie sein.
Beste Grüße,
Appletiser.